Rückblicke und Ausblicke

Mein Leben mit MS:

Hallo und herzlich willkommen bei MS-Voices! Ich bin Irene, und hier dreht sich alles um das Leben mit Multipler Sklerose (MS). Als ich vor einigen Jahren die Diagnose erhielt, hat sich mein Alltag auf den Kopf gestellt – und ich war plötzlich mit unzähligen Fragen, Ängsten und Herausforderungen konfrontiert. In diesem Blog möchte ich meine persönlichen Erfahrungen mit euch teilen und Menschen eine Stimme geben, die unter MS leiden. Wie ist das wirklich, mit MS zu leben? Wie verändert es den Alltag, die Beziehungen und die Zukunftsplanung? Hier gibt es ehrliche Einblicke, praktische Tipps und die ein oder andere Anekdote aus meinem Leben – direkt aus dem Herzen einer Betroffenen.

Hier sitze ich nun. Am großen Wohnzimmerfenster. Das Kissen mit dem Tablet, Tastatur und Maus auf meinem Schoß. Ohne Kaffee geht’s nicht. Ich bin müde; hatte eine schlimme Nacht, was aber nicht ungewöhnlich ist bei mir. Ich schlafe seit Jahren, genauer gesagt seit der Diagnose MS, schlecht. Schlafstörungen – eine der Begleiterkrankungen. Damit lebe ich nun seit mehr als 15 Jahren. Trotzdem kann ich mich nicht daran gewöhnen.

Gestern waren die Wahlen zum Bundestag und irgendwie belastet mich die ganze Situation. Schwarz/Rot wird’s wohl werden. Aber da ist offensichtlich das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine „Zwangsehe“ – aus gegebenem Anlass.

Was mich wirklich erschreckt, und was mir wirklich Angst macht ist das Agieren der Menschen von „über dem großen Teich“. Die Selbstverständlichkeit, mit der über die Köpfe von zwingend zu beteiligenden Menschen und Staaten entschieden wird; die zunehmende Aggressivität und die vielen falschen Informationen sind es, was mir Angst macht. Die Welt scheint aus den Fugen zu geraten. Nein, es ist nicht die Welt. Es sind die Menschen auf dieser Welt. Es geht um die zügellose Gier nach Macht, Geld und Alleinherrschaft. Diktatoren werden hofiert; unser aller Freiheit wird bedroht. Menschen werden erpresst; ganze Nationen. Grenzen werden verschoben. Ich habe Angst, dass ich zum ersten mal einen Krieg am eigenen Leibe spüren werde. 

Ja. Ich habe Angst. Ich kann sie nicht genau benennen. Aber es ist etwas, was in den letzten Wochen in mir auf kriecht. Etwas Dunkles; etwas Bedrohliches. Ich habe das Gefühl am Abgrund zu stehen.  Schon wieder – wie am Tag meiner Diagnose. Und dieses mal kann ich nichts anderes tun als zu beobachten und abzuwarten. Warten, auf das, was da passiert. Ich hoffe inständig, dass die Menschheit die Kurve bekommt. Im letzten Moment; auf der Schussfahrt ins Chaos.

Was das alles mit der MS zu tun hat? Nichts! Aber das Leben eines Menschen mit der Diagnose MS besteht ja eben nicht mal nur aus dieser Diagnose. Es gibt so viel mehr!

Irgendwie blicke ich auf das vergangene Jahr zurück; auf die letzten rund elf Monate. Im April 2024 ist mein Buch erschienen. Mein MS Selbsthilfe-Ratgeber „Spring, damit du fliegen kannst.“ Ich habe gedacht: „Prima, saucool, dass ich das wirklich durchgezogen habe. Ich habe es tatsächlich geschafft. Ich bin beim Schreiben durchaus über meine Grenzen gegangen aber habe es nicht bereut. Kapitel abgeschlossen. Buch geschlossen.“, auch im übertragenen Sinne. Es war für mich ein „Freischreiben“ von dem, was ich die ganze Zeit mit mir getragen hatte. Und dann: „Was mache ich jetzt mit der ganzen freien Zeit, die ich habe?“

Und jetzt muss ich fast lachen; über mich selbst natürlich. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, was dieses Buch alles nach sich zieht!

Ich hatte, im Rahmen meines Minijobs beim Minerva Verlag sowieso schon die Podcast Redaktion von „TIERISCH GUT! Der Tierfreunde Podcast“, was mir extreme Freude bereitet hat und diese Freude hält an. Demnächst gibt es was cooles in Sachen Katzen.

Aber dann wurde die Podcast-Reihe „MS Voices“ aus der Taufe gehoben. Ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass das mein Herzensprojekt ist. Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Multiple Sklerose. Die Krankheit mit den 1000 Gesichtern, die nun mal sehr oft „unsichtbar“ für die Menschen um uns herum ist. Aber mit diesem Podcast gehen wir an die Öffentlichkeit; zusammen mit den Menschen, die von der Diagnose betroffen sind bzw. in irgendeiner Form damit zu tun haben: Sie geben dem Unsichtbaren ihre Stimme und ihr Gesicht. Kein Gesicht der MS sondern das des Menschen, der mit der Diagnose lebt. Wir sind so viel mehr als diese Diagnose und wir möchten nicht auf diese Krankheit runtergebrochen werden. Wir wollen gehört werden.

Aber wisst ihr, was das Coolste ist an diesen Podcasts? Die Menschen, die ich schon kennenlernen durfte! Tolle Menschen, die (nicht nur) mich inspirieren:

Da ist Katja Kerschgens (www.katjaskunst.de), Rhetoriktrainerin und Mentalcoach, die nun das beruflich tut, was sie ohne die Diagnose nie gemacht hätte: Katja malt Bilder; sie ist Künstlerin.

Bernd Meixner vom Verein Multiple Sklerose Erkrankter e.V. (www.multiple-sklerose-e-v.de). Vor Kurzem durfte ich ihn sowie einige Mitglieder des Vereins übrigens auch persönlich kennenlernen. Ich wurde vom ärztlichen Beirat des Vereins, von Christiane Fischer, eingeladen einen Vortrag zu halten. Wenn auch die Reise dorthin mich extrem überfordert hat: der Vortrag und die Gespräche mit all diesen Menschen waren toll! 

Marco Rickhoff, der sich ebenfalls der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen MS verschrieben hat und nun eine umfangreiche Informationswebseite für Menschen mit MS betreibt (www.ms-krankheit.de).

Die Professoren Christoph Kleinschnitz (www.neurologie.uk-essen.de) und Sven Meuth (www.uniklinik-duesseldorf.de) und (www.reine-nervensache.de/), die sich beide der MS-Forschung und der Behandlung der MS verschrieben haben. Brückenbauer zwischen Forschung und Patienten.

Caro Régnard-Mayer, die das Kinderbuch „Mama ist anderes gesund“ geschrieben hat (https://frauenpowertrotzms.de).

Adam’s Lillith, ebenfalls Künstlerin, die eine aktuelle Ausstellung mit ihrem Projekt „1000 Gesichter“ hat (www.adamslilith.com/).

Mittlerweile stehen schon 14 Episoden online, die sowohl über www.minerva-vision.de zu hören sind, als auch überall dort, wo es Podcasts gibt. Ein Podcast wartet noch auf die Veröffentlichung; in dieser Woche wird ein weiterer aufgenommen mit Diplom-Journalist Sven Schneider, der uns (als Reisejournalist) mit in die Welt nimmt.

Ausnahmslos tolle Menschen, mit denen ich auch noch nach den Podcasts in teilweise (engem) Kontakt stehe. Und zu einigen hat sich mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt.

Und… Was ich niemals geglaubt hätte! Ich bin nun, mit meinen 57-einhalb-dreiviertel Jahren auf Instagram gelandet (@irenesybertz). Ich bin da noch nicht so wirklich fit, wurschtele mich aber durch. Wie war das? „Mühsam nährt sich das Eichhörnchen“. Ich schaffe das.
 Und auch hier habe ich schon tolle Kontakte knüpfen können. Am vergangenen Wochenende habe ich folgende Nachricht von einer MS Voices-Podcast-Hörerin aus der Schweiz erhalten, die sich den aktuellen Podcast (Episode 14) „Zwischen Mitleid und Mitgefühl“ angehört hat:
 „Ich finde ihr beide seid total toll zusammen. Ich lerne gerade viel über mich selbst durch euch. Vor ca 2-3 Wochen habe ich angefangen deinen Podcast zu hören und diese rhetorischenAnstöße lösen viel Positives im Umgang mit mir und meinem Umfeld aus🫶🏼. Ich danke dir für deinen Mut und deine Mühe diesen Podcast so authentisch zu gestalten und viel gefächerte Themen anzusprechen und zum Denkenbzw. Überdenken anzuregen. Und das Wundervollste…alles mit GoodVibes 🫶🏼. Good Vibes braucht die Welt.“

Ist das nicht toll? Das treibt mich an. Es ermutigt mich weiterzumachen und es macht mir auch Hoffnung. Hoffnung darauf, anderen Menschen, die von der Diagnose MS betroffen sind, ebenfalls Hoffnung zu geben und ihnen Mut zu machen, ihr Leben anzupacken. Denn wie eingangs erwähnt: Unser Leben, als chronisch erkrankte Menschen, hat noch viel mehr im Gepäck, als eine Diagnose. 

Und privat? Mein Schatz Jens und ich werden dieses Jahr endlich zusammenziehen. Wir kennen uns jetzt seit 6 Jahren und sind auch seitdem ein Paar. Wir haben schon einige Schicksalsschläge miteinander erlebt; zuletzt der Zusammenbruch von Jens, der als Ex-Soldat an einer schweren PTBS (PostTraumatische BelastungsStörung) leidet. Es wird sicher kein Spaziergang. Er, mit der PTBS im Gepäck; ich mit der MS. Aber wir stützen uns schon seit Jahren. Wir kennen uns in- und auswendig. Dieses unerschütterliche Vertrauen ineinander, der Glaube aneinander und dieses unsichtbare und starke Band zwischen uns. Es hält uns beide.
Ich freue mich auf UNS…

Was ist mit dir? Hast du etwas, auf das du gerne zurückblickst oder etwas, auf das du dich freust?

Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, diesen Beitrag zu lesen! Ich hoffe, dass meine Erfahrungen dir ein Stück Klarheit oder Ermutigung schenken konnten. Als ich die Diagnose MS bekam, fühlte ich mich oft allein und überfordert. Genau deshalb habe ich ein Buch geschrieben, das ich selbst damals so dringend gebraucht hätte. „Spring, damit du fliegen kannst.: Ein Selbsthilfe-Ratgeber für MS-Erkrankte und ihre Angehörigen.“ Es ist bei Minerva-Vision erschienen. Wenn du Interesse hast, schau es dir gerne an – vielleicht ist es genau das, was auch dir weiterhelfen kann. Oder hör dir meinen Podcast „MS-Voices“ an. Bis zum nächsten Mal!

Du hast auch MS und möchtest mit mir in meinem Podcast darüber sprechen? Dann schreib mir eine Mail an: kontakt@ms-voices.de

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